05.09.2017
Wie ihr sicher schon mitbekommen habt, hat mein Team meinen Kollegen Alexandre Geniez und mich aus dem Rennen genommen hat, weil wir uns im Finale der 15. Etappe am Auto festgehalten haben.
Es gibt dafür keine Entschuldigung, es war falsch und völlig unnötig. Am Ende der Etappe, nach zwei harten Vuelta-Wochen, durch die ich mich trotz Bronchitis gekämpft habe, habe ich mich dazu hinreißen lassen. Es war ein Fehler und ich bereue es.
Ich möchte mich bei den Sponsoren, dem Team, der Organisation und bei allen Zuschauern entschuldigen. Es war meine erste GrandTour, auf die ich mich sehr gut vorbereitet und auch sehr gefreut hatte. Klar, dass es mir sehr schwer fällt, dass Rennen nun so zu verlassen.
Aber ich möchte wieder zurückkommen um zu zeigen, dass dieses Verhalten nicht meinen Werten entspricht und ich sportlich fair meine Leistung bringen kann, so wie ich es zuvor auch immer getan habe.
Es tut mir leid das mein Tagebuch so zu Ende gehen muss.
Nico
03.09.2017
photo: Fred Machabert
Wie sagten sie gestern doch gleich?
Nur noch 1 Tag bis zum Ruhetag.
Daher wollten es heute nochmal alle wissen und offensichtlich auch jeder in der Gruppe sein.
Ich sprang auch das ein oder andere Mal mit, war aber (im Nachhinein Gott sei Dank) nicht mit dabei.
Astana organisierte sofort die Verfolgung und bereits in der Anfahrt zur ersten Tagesschwierigkeit war das Tempo extrem hoch.
Dementsprechend explodierte das Feld auch gleich in den ersten Rampen von Berg Nummer 1.
Ich fand direkt meinen Rhythmus und überquerte die Kuppe nur 6 Minuten hinter der Spitze in einer guten Gruppe.
In der Abfahrt sprang dann aber meine Kette ab und verklemmte sich so blöd, dass ich anhalten musste.
Den Anschluss an meine Gruppe verlor ich natürlich.
Danach nahm ich Vollgas die Verfolgung auf und kam auch tatsächlich wieder zurück aber fuhr mir dabei ordentlich einen in den Schuh, sodass ich gleich zu Beginn des Schlussaufstiegs dafür bezahlen musste.
Ich ließ abreissen und versuchte mich in den steilen Rampen irgendwie zu erholen.
Eine nette Geste der Rennleitung war es die 30km hoch in die Sierra Nevada in 2 Bergwertungen aufzuteilen.
Somit fuhren wir also nicht ein Mal 30 sondern ein Mal 9 und ein Mal 18km bergauf.
Um ehrlich zu sein habe ich die Abfahrt dazwischen vergeblich gesucht…
Etwa 10km vor dem Ziel sah ich dann aber endlich wieder etwas Licht am Ende des Tunnels und kam langsam zurück.
Nach 3 harten Kilometern konnte ich wieder zu meiner Gruppe aufschließen.
Am Ende hätte ich mir sogar noch etwas mehr Zeit lassen können, denn das Zeitlimit stellte keine Gefahr da…
Mal abgesehen von dem mörderischen Profil war die heutige Etappe anders als alle anderen:
Da nun ein Megatransfer in den Norden Spaniens ansteht, ist unser Teambus gleich nach dem Start losgefahren in Richtung Hotel.
Uns Fahrer erwartete nur ein Teamauto mit 2 Betreuern an der Ziellinie.
Geduscht haben wir uns iim örtlichen Sportzentrum.
Jetzt im Moment befinde ich mich in einem der Busse die von der Organisation zur Verfügung gestellt werden.
Mit diesen werden wir zum Flughafen nach Granada verschifft, wo ein Charterflug auf uns wartet.
Vom Zielflughafen in Lorono geht es dann erneut mit Bussen der Organisation ins 1h entfernte Teamhotel.
Und da wir im Schritttempo die 30km nach Granada fahren steht eins fest: So ganz bald sind wir noch nicht angekommen…
Aber immerhin ist morgen Ruhetag und wir können ausschlafen, haben sie gesagt ;)
Euer Nico
02.09.2017
Nur noch 2 Tage bis zum Ruhetag, haben sie gesagt.
Heute ist es nicht mehr so warm wie gestern, haben sie gesagt.
Doch es war heiß!
Nachdem die Gruppe heute wieder relativ schnell ging -mal wieder mit unserem nimmermüden Gougou ging es zunächst erstmal mehr oder weniger entspannt unter der Führung von Sky auf ansteigendem Profil in Richtung Schlussaufstieg.
Der Vorsprung wuchs langsam aber sicher auf 7:30 Minuten an und da schon wieder: „Ich wüsste nicht wer da jetzt noch hinterherfahren will“, haben sie gesagt.
Doch dann olala erst Trek, dann Bahrein und Astana und einmal Rückenlehnen in aufrechte Position und anschalten bitte.
Die ersten 2 Minuten Rückstand auf die Gruppe verschluckten sie direkt und ab jetzt wurde es echt unangenehm im langgezogenen Feld.
Die sengende Hitze leistete ihren Beitrag zur allgemeinen Erschöpfung, sodass 25 Kilometer vor dem Ziel zu Beginn des vorletzten Anstiegs gleich die Hälfte des Feldes solidarisch ausscherte und geschlossen weiter fuhr.
Man muss mir wohl angesehen haben, dass ich durch die Hitze völlig leer war, denn Kneesi hat mich -übrigens sehr nett von ihm- mit einer Cola und Wasser versorgt die er aus seinem Teamwagen bekam.
Das hat mir echt den Tag gerettet ;)
Als wir dann im Bus angekommen sind haben Gougou (inzwischen aus der Spitze ins Grupetto zurückgekommen) und ich uns erstmal Alex Geniez vorgeknöpft, der als Tempomacher auf den letzten 5km dem Gruppetto ordentlich auf den Zahn gefühlt hat…
Aber wenn sie mit einem Recht hatten, dann dass nur noch 1 Tag vor dem Ruhetag ansteht.
Aber so ganz dort angekommen sind wir noch nicht, denn morgen wird es noch einmal richtig sportlich!
Jetzt bestmöglich erholen; morgen nochmal All In und dann in den verdienten Ruhetag.
Venga Venga
Euer Nico
PS: Ich freue mich schon aufs Essen Abendessen von unserem Küchenchef Benoit ;)
01.09.2017
Ein Start ganz nach meinem Geschmack.
5 Fahrer ziehen los direkt bei Kilometer 0 und alle sind zufrieden damit; besonders Nick Schultz ein alter Freund aus Amateurzeiten in Frankreich.
Er brach gar in Jubel aus und schrie „That’s the dream! That’s the cycling we love!“
Auch er hat die letzten 3 Tage extrem unter dem hohen Tempo gelitten und war froh, dass das Feld es heute mal „ruhig“ angehen ließ.
Doch so ruhig war es gar nicht. Um genau zu sein habe ich sogar extrem gelitten unter den 37°C im prallen Sonnenschein.
Der spanische Hochofen scheint mir so langsam echt zu schaffen zu machen und meine Erkältung ist dabei keine echte Hilfe.
Bereits auf dem Zahnfleisch fahrend robbte ich mich dann noch ins Finale um ohne Sorge um das Zeitlimit ausrollen lassen zu können.
Im Ziel angekommen wurde ich mit meinem weißen Trikot dann zunächst gar nicht von meinen Betreuern bemerkt, da das AG2R La Mondiale Trikot unter dem ganzen Salz kaum mehr zu erkennen war.
Als ich mich dann unserem Busfahrer zu erkennen gab eskortierte dieser mich auf einem Klapprad (echt super praktisch diese Dinger für die Betreuer) zum Naheliegenden Hotel -ja heute mal kein Megatransfer, dafür morgen aber wieder 100 hin und 100 zurück :D
Dort angekommen legte ich mich sofort wieder in das obligatorische 9° Eiswasser, dass sich heute aber nicht mal ansatzweise kalt anfühlte.
Danach begann der übliche Marathon zwischen Essen, Massage, Osteo und Pressotherapie.
Es ist echt ein Luxus so viele Leute um sich zu haben, die nur für die Regeneration von uns Fahrern da sind, denn ich habe bei dem ein oder anderen Plausch im Feld heute festgestellt, dass es kaum einen Fahrer im Peloton gibt der wirklich gar kein Wehwehchen vorweisen kann.
Auch wenn es bei mir persönlich heute nicht so lief war das wohl ein letztes Durchatmen vor einem knochenharten Wochenende.
Ich hoffe ihr habt weiterhin Spaß bei meinem Tagebuch und ihr erfahrt einige interessante Dinge. Bei Fragen oder Anregungen aber auch Kritik könnt ihr mich gerne über Twitter @NicoDenz erreichen.
Ich werde dann die nächsten Tage dann versuchen darauf einzugehen.
Also wie immer bis morgen
Euer Nico
31.08.2017
photo: Fred Machabert
Heute war nicht mein Tag.
Bereits vor ein paar Tagen gab es Anzeichen für eine leichte Erkältung und der gestrige Tag hat dem Ganzen nicht unbedingt geholfen.
Lange Geschichte kurz: ich habe mir wohl eine leichte Bronchitis eingefangen, werde aber vorerst weiterfahren!
Dementsprechend hatte ich auch zu Beginn der Etappe zu kämpfen als alle wie die verrückten in die Gruppe wollten.
Simon Yates hat die Angelegenheit nicht vereinfacht, da Sky ihn nicht fahren lassen wollte er aber unbedingt meinte wegfahren zu müssen…
Immerhin war die Sonne heute wieder mit von der Partie, nachdem wir gestern für das ganze Jahr Wasser abbekommen haben.
Nach 100km führte ich den nächsten Kampf gegen mich selbst. Genauer gesagt gegen meinen Magen. Ich schätze die unzähligen Mineraldrinks und Gels über die letzten 2 Wochen sind meinem Verdauungstrakt nicht gerade wohl bekommen und ich hatte einen richtig dicken Blähbauch und konnte die letzten 70km nichts mehr essen sondern lediglich etwas Wasser zu mir nehmen.
Neben meinem Kampf gegen mich selbst, gab es heute auch einen Kampf gegen einen Kollegen von Katusha; oder vielmehr eine Attacke eines Zuschauers.
Aus dem Nichts kommend und völlig unerwartet stürmte ein Zuschauer auf den besagten Kollegen (Maxim Belkov) zu und rammte ihn in voller Geschwindigkeit. Belkov fand sich dann völlig verblüfft im Graben wieder konnte die Fahrt aber unbeschadet fortsetzen.
Mein Teamkollege Alexandre Geniez saß in der ersten Reihe bzw am Hinterrad von diesem und bekam alles live aus nächster Nähe mit.
Eine weitere verstörende Meldung machte heute morgen auf Twitter die Runde:
Der Bus von Aqua Blue wurde über Nacht angezündet und brannte völlig aus. Ein Verdächtiger wurde wohl festgenommen.
Aber mal ganz ehrlich wo sind wir denn da gelandet? Brennende Teambusse und Zuschauer die Fahrer angreifen!? Da macht man sich schon so seine Gedanken…
Aber Spanien und die Vuelta können auch anders: Auch heute waren wieder viele begeisterte Fans an der Strecke, die nicht nur Contador sondern auch alle anderen Fahrer bis ins letzte Gruppetto noch lautstark anfeuerten.
In diesem Sinne
Hasta mañana
Euer Nico
30.08.2017
photo: tdwsport
Die Vuelta kann wohl nicht unter normalen Wetterbedingungen stattfinden. Nach einer ersten Woche bei Temperaturen um die 40 Grad war nach der gestrigen Etappe auch der heutige Tag verregnet.
Wie auch gestern schon ging es zu Beginn gleich richtig zur Sache und es ging wieder ewig bis die Gruppe dann endlich stand.
Wir hatten mit Romain Bardet einen Mann vorne und hofften heute auf den Etappensieg.
Leider war aber vorne ein Fahrer mit nur 6 Minuten Rückstand dabei, sodass Sky nie viel Spielraum.
Zu allem Übel hatte sich Orica dann auch noch diese erste richtige Bergetappe ausgesucht um mal zu zeigen was sie drauf hatten.
Dies geschah nicht nur zum Leidwesen der Ausreissergruppe und Romain, sondern auch des ganzen Feldes denn es war unglaublich schnell in der Anfahrt zum großen Finale mit 2 mörderischen Anstiegen.
Gleich zu Beginn des Passes waren die steilsten Stücke der Steigung, sodass das Feld direkt in mehrere Gruppen explodierte.
Schnell fand jeder seine Gruppe mit der er sich ins Ziel schleppte.
Ich selber bin ja doch eher der Schlechtwetterfahrer aber heute muss auch ich sagen dass es extrem zäh war.
6h im Dauerregen und nur 10 Grad an der Ziellinie hinterlassen definitiv Spuren; vor allem wenn die Etappe auf 2100m ü.n.N. endet…
Froh endlich im Bus zu sein - das Eisbad hab ich heute mal ausgelassen;) - haben wir nun den nächsten längeren Transfer vor uns.
Auch wenn wir hier richtig viele Kilometer auf dem Rad abspulen, so viel wie wir hier vor und nach den Etappen noch im Bus unterwegs sind bin ich ganzen Jahr nicht Auto gefahren…
Hasta mañana
Euer Nico
29.08.2017
photo: tdw sport
Der gestrige Ruhetag kam auf gar keinen Fall zu spät.
Ich glaube vielmehr dass alle froh waren einen Tag Pause einzuschieben, denn die ersten 9 Tage waren sehr intensiv.
Für mich verlief der Ruhetag sehr entspannt mit einer lockeren Runde über 45km am morgen, einem Mittagsschlaf nach dem Mittagessen und anschließendem Beine hochlegen mit einem guten Buch am Pool.
Frisch erholt erwartete uns heute dann ein ganz anderes Klima als noch in der ersten Woche.
Regen und 20 Grad; endlich mal nicht mehr so heiss ;)
Das Wetter war also wie für mich gemacht und die Beine waren auch ganz in Ordnung.
Die anderen hatten sich aber offensichtlich auch ganz gut erholt, denn in den ersten 2 Rennstunden hatten wir eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 52 km/h !
Es war also alles andere als einfach die Gruppe des Tages zu erwischen doch unser Team arbeitete gut zusammen und wir hatten immer jemanden mit vorne.
Nachdem meine Grupetto-Dauerkarte in der ersten Woche öfters zum Einsatz kam spendierte mir ein Kollege zu Hause am gestrigen Ruhetag ein Ticket für die Spitzengruppe (einzulösen in der zweiten Woche) und so war ich heute auch mal an der cabeza de la carrera.
Da mit Alexandre Geniez aber ein besserer Kletterer aus meinem Team mit vorne war übernahm ich auch heute wieder Helferaufgaben und versuchte die Gruppe ein wenig zu organisieren und zusammenzuhalten bevor es in den Anstieg ging.
Dementsprechend konnte ich dem Tempo der Gruppe dann auch nicht mehr folgen und fuhr in meinem Rhythmus weiter nachdem ich unten in den Berg rein nochmals Tempo gemacht habe.
So kam es dann, dass ich unter dem Tempodiktat von Bahrain und Nibali noch kurz vor der Kuppe vom Feld eingeholt wurde.
Die Favoriten lieferten sich nicht nur bergauf ein heißes Duell, sondern auch in der Abfahrt.
Raus aus dem Kampf um den Tagessieg wollte ich kein unnötiges Risiko mehr eingehen und den „Verrückten“ in der Abfahrt folgen…
Leider hat es für Alex vorne nicht ganz gereicht (5.) aber ich bin mit meiner persönlichen Leistung heute trotzdem zufrieden.
Nach einer schnellen Dusche im Bus ging es für mich dann weiter zu „Les Rois de la Pedale“ und Eurosport France zu einem kurzen Interview und nun weiter zum nächsten Hotel.
Nach dem gestrigen Ruhetag ist der „Alltag“ doch recht schnell wieder eingekehrt und die Vuelta nimmt ihren weiteren Lauf…
Hasta mañana
Euer Nico
27.08.2017
photo: tdw sport
Heute gab es ausnahmsweise mal ein anderes Bild an der Spitze des Feldes:
Nicht Sky sondern Cannondale machte das Tempo.
Für uns änderte sich aber nichts, denn es war unverändert schnell…
Nur war dadurch schnell klar, dass die Gruppe heute nicht durchkommen würde.
In der recht technischen Anfahrt erledigte ich dann meinen Job für Romain um ihn vorne in den Anstieg reinzufahren.
Dann bergauf fühlte ich mich gleich wie in einer Sauna nach einem Aufguss.
Die Haut brannte so richtig in der Sonne und ich machte wieder von meiner Dauerkarte für das Grupetto gebrauch.
Diese hat sich in den ersten 9 Tagen wirklich gelohnt, denn ich war jedesmal mit dabei wenn sich die Fahrer hinten versammelten.
Jetzt freue ich mich auf den ersten Ruhetag morgen um dann ab Dienstag wieder voll anzugreifen.
Aber nach 1534 Rennkilometern darf man ruhig etwas erschöpft sein…
Das war mit Abstand die intensivste Woche meiner noch jungen Karriere.
Noch nie zuvor bin ich in einer Woche 1400 Kilometer und über 37h Rad gefahren.
Dabei habe ich gleich noch etwa 17200 hm mitgenommen.
Die 1400km kommen zustande mit den ganzen Neutralen Phasen vor dem Start und den Bonuskilometern die es nach dem Rennen noch gratis mit dazu gibt um wieder zum Bus zu kommen.
Morgen wird die 5-stünder-Serie aber wohl leider unterbrochen werden und ich werde es bei einer kurzen Ausfahrt belassen um den Motor in Schwung zu halten.
Was genau auf dem Programm steht weiß ich aber noch nicht genau, da dass für mich ja auch alle noch neu ist.
In diesem Sinne
Adios Amigos
Euer Nico
26.08.2017
Schon wieder so ein schneller Tag. Schon wieder so eine große Spitzengruppe. Schon wieder kommt die Gruppe durch.
Ganze 35 Kilometer ging es heute bis die Gruppe stand. Und ich wäre fast mit dabei gewesen, wenn ich auf halbem Weg nicht noch zurückgerufen worden wäre; Wir hatten schon jemanden vorne und ich nahm dann natürlich sofort raus.
Ausserdem sollte ich heute sowieso nicht in die Gruppe…
Danach nahm die Etappe wieder den bekannten Lauf: Sky diktierte das Tempo und alle anderen schauten zu.
Bei mir lief es heute zunächst richtig gut und ich musste nur gegen einen hartnäckigen Ohrwurm ankämpfen, der mich auf den ersten 100km begleitete.
Ein Mallorca-Hit nach dem anderen geisterte mir durch den Kopf und ich musste mit Bedauern feststellen, dass ich doch noch ein paar Wochen von meinem Urlaub entfernt bin…
Nach etwa 120km hatte ich aber keine Zeit mehr irgendwelche Songs vor mich hinzuträllern, da ich zunächst erstmal ans Auto musste um mir meinen lädierten Sitzbereich nochmal einzucremen, da die erste Schicht schon durchgesessen war und ich dann auch schlagartig einfach keinen Druck mehr auf die Pedale brachte.
Ich muss mir wohl einen Hitzschlag oder irgendwas in der Art eingefangen haben, denn für den Rest der Etappe war ich kräftig am Leiden…
Zum Abschluss möchte ich noch meinen Dank an die Veranstalter aussprechen. Nach 160km Transfer gestern Abend waren es heute morgen nur nochmals 100km vor dem Start und wieder 100 heute Abend zum Hotel! Als kleinen Bonus durften wir die „kleine Welle“ vorm Ziel auch nochmals in die andere Richtung hochfahren, da sämtliche Busse 10km vor dem Ziel geparkt waren. Gott sei Dank war die Etappe heute nur 200km lang sodass die paar Extrakilometer keinem was ausmachten :P
Immerhin bleiben wir jetzt 3 Tage im selben Hotel, sodass man auch mal was aus seinem Koffer rausholen kann ohne schon wieder ans packen zu denken ;)
Hasta mañana
Euer Nico
25.08.2017
Die erste Woche ist geschafft und man merkt, dass so manch einer langsam müde wird.
Bereits in der Neutralisation kam es zu mehreren Stürzen, sodass der scharfe Start verzögert werden musste bis alle ärztlich versorgt waren und wieder zurück im Feld waren.
Kaum war der Startschuss dann gegeben ging es gleich wieder zur Sache und 14 Mann machten sich nach nur kurzem Kampf auf und davon.
Ich bekam heute morgen freie Fahrt für die Gruppe, war im entscheidenden Moment aber nicht zur Stelle sodass Alexis Gougeard schneller war als ich.
Wie erwartet kam die Gruppe dann auch durch weil niemand hinten die Arbeit übernehmen wollte.
Alle waren froh mal durchzuatmen und die ersten paar Tage sacken zu lassen bevor es morgen nochmals schwer wird.
So war das dann der bis jetzt entspannteste Tag und es blieb Zeit für das ein oder andere Schwätzchen bevor es gegen Ende der Etappe mit auffrischendem Wind nochmals nervös wurde.
Letztendlich passierte aber nicht wirklich was, nur dass weitere Fahrer auf Grund von Unaufmerksamkeit zu Fall kamen.
Ich nutzte den Tag nach der verpassten Gruppe zum regenerieren und drehte den ganzen Tag versteckt im Feld die Beine.
Noch vor dem letzten Aufstieg bildete sich ein recht großes Grupetto dem ich mich bereitwillig anschloss.
Während ich schon dem Feierabend entgegen fuhr sah ich meine 2 deutschen Kollegen Lennard Kämna und Johannes Fröhlinger mit dem Sunweb-Express im Augenwinkel vorbeischießen. Sie versuchten verzweifelt ihren Leader Keldermann nach einem Defekt auf der Windkant zurück zu bringen.
Ich war dann doch froh, dass ich den Anstieg nicht mehr so schnell hochfahren musste, da es morgen noch schwer genug wird…
Wir sprechen uns morgen wieder aber dann mit einer 36-32 Übersetzung ;)
Euer Nico
24.08.2017
photo: clemducrot
Bereits am Start waren alle darauf eingestellt, dass die Gruppe heiss umkämpft sein wird und so war es dann auch.
Nach 25km Einerreihe und Vollgas stand diese dann endlich und ich glaube alle waren froh darüber.
Weil aber gleich 35 Mann vorne raus waren wartete Sky nicht lange und schickte direkt ihre 2 Dampflocks vorneweg.
Kneesi und Standard zogen heute richtig am Horn und hielten zu zweit die mittlerweile nur noch 26 Mann in Schach.
Das machen die 2 übrigens jeden Tag; alles von vorne fahren. Echt ein wahnsinns Job den die 2 da abliefern!
Hinter den beiden Maschinen war es für alle ein richtig zäher und harter Tag -mal wieder.
Aufgrund des hohen Tempos war es auch deutlich schwerer den Getränkelieferant zu spielen.
Im ersten Aufstieg lies ich ein paar Jahre meines Lebens um mit 5kg Übergepäck am aufgereihten Feld nach vorne zu fahren.
Aber wenn der Leader Durst hat dann geht der eifrige Helfer eben auch mal los wenn er genau weiß dass es wehtun wird ;)
Als Contador sich im letzten Aufstieg amüsierte und alles auseinander nahm, sah ich schon die Erleichterung in den Gesichtern meiner Mitstreiter.
Was sich im ersten Moment widersprüchlich anhört ist aber doch ganz logisch, denn sobald die Leader anfangen ihre Spielchen zu spielen ist es Zeit für die Helfer die Beine hochzunehmen und Kräfte zu sparen.
Das ist wohl das was ich in dieser ersten Woche am meisten verinnerlicht habe: Spare wo du kannst, denn 3 Wochen sind lang!
Alle die nicht um den Tagessieg oder die Gesamtwertung fahren nehmen im Finale immer raus und sparen wo sie können.
Nachdem heute schon wieder 3 Mann von uns in der Spitzengruppe waren hoffe ich dass ich in den nächsten Tagen auch einmal die Erlaubnis bekomme die Nase etwas in den Wind zu stecken.
Bisher musste ich immer bei unseren 2 Leadern bleiben, da nach der heutigen Etappe aber beide raus aus der Gesamtwertung sind, dürfte das ganze Team etwas mehr Freiheiten bekommen…
23.08.2017
photo: Fred Machabert
Die Tage reihen sich aneinander und man merkt gar nicht wie die Zeit verfliegt
Wir sind heute bereits bei Etappe 5 und die war auf dem Profil doch nicht ganz so einfach, verlief aber eigentlich recht entspannt.
Der erwartete Krieg um die Gruppe blieb mehr oder weniger aus und 17 Mann lösten sich dann doch recht schnell.
Sky kontrollierte sofort und hielt den Abstand gering.
Als dann aber kein Team helfen wollte ließen sie den Vorsprung immer größer werden, sodass die Gruppe den Sieg dann unter sich ausmachen konnte.
Im Feld verlief dann alles ziemlich geordnet und mehr oder weniger unspektakulär.
Meine Aufgaben haben sich auch nicht geändert und ich werde wohl bald ein neues Trikot brauchen, da das jetzige von den vielen Flaschen auf dem Rücken mittlerweile schon anfängt auszuleiern…
Doch eine neue Aufgabe kam heute dazu:
Ich war mit einer GoPro ausgestattet und somit sozusagen als Kameramann mitten im Peloton unterwegs. Ich hoffe ich konnte einige tolle Aufnahmen machen…;)
Einziger Schwachpunkt bei der ganzen Sache ist dass ich die GoPro wieder abgeben musste.
Ich hatte schon überlegt nach dem Ziel einfach schnell wegzufahren, was sich nach der mörderischen Ankunft aber als schwierig erwies…
Demnach blieb mir also nichts anderes übrig als meinem neuen Spielzeug gleich wieder auf Wiedersehen zu sagen…
Wir sehen uns morgen wieder
Bis denne
Euer Nico
22.08.2017
photo: tdw sport
Tag 4 auf unserer Reise quer durch Spanien war der erste im Heimatland der Vuelta.
Nachdem wir zunächst auf französischem Boden und dann in Andorra unterwegs waren ging es heute mehr oder weniger geradeaus zum Ziel nach Tarragona.
200km bei etwa 37° machten es uns Fahrern nicht einfach und so schleppte sich das Peloton angeführt von Sky in Richtung Ziel.
Die Gruppe des Tages löste sich erneut schnell und somit blieb heute auch endlich mal Zeit für das ein oder andere Schwätzchen mit den Kollegen.
Sogar mehr als nur ein bisschen Zeit, denn diese wollte einfach nicht rumgehen, da einfach gar nichts passierte…
Während nahezu der gesamten Etappe hatte ich das Gefühl, dass die Hitze mir die Beine zuschnürt und es lief nicht so richtig rund. Pünktlich zum Finale gingen meine Beine dann aber auf und ich konnte mein Team noch etwas unterstützen.
Doch alle Hilfe brachte heute nichts, da unser Leader Domenico Pozzovivo im hektischen Finale des „GP der Kreisverkehre“ (etwa 20 Kreisverkehre auf den letzten 10km) in einem der vielen unnötigen Stürze genau 3,1km vor dem Ziel zu Fall kam.
Das war im doppelten Sinne für uns extrem bitter, da die 3km eben wie der Name schon sagt erst 100m später angewendet wird und er damit viel Zeit verlor.
Zusammen mit 2 weiteren Teamkollegen wartete ich auf Pozzo und wir fuhren zusammen ins Ziel.
Leider ist das Rennen nach 200 Kilometern noch nicht zu Ende, denn es stehen nochmals 160km Transfer bis ins Hotel an.
Das bedeutet demnach dass es heute Abend wohl etwas später werden wird, bis alle massiert wurden und im Bett sind.
Hasta mañana
Euer Nico
21.08.2017
photo: YP Medias
Bei ansprechenden 35 Grad absolvierten wir heute die erste Bergetappe der diesjährigen Vuelta.
Und war es nicht spannend im Finale!? Zumindest wurde mir das erzählt…
Ich selbst bekam vom Finale leider nur einige Fetzen über Funk mit und fieberte daher auch rund 10km hinter der Spitze noch mit Romain mit.
Doch erstmal zurück auf Anfang:
Wie der aufmerksame TV-Zuschauer wahrscheinlich schon weiss, waren bei uns die Weichen heute auf Angriff gestellt und wir platzierten gleich 2 Mann in der Spitzengruppe, die relativ schnell fahren gelassen wurde, bevor sich Quickstep dann an die Verteidigung des Leadertrikots machte, was wohl doch eher für De La Cruz war als für Lampaerd, da der mit mir in der Gruppe zu Ende fuhr.
Trotz allem schlugen sie also ein ordentliches Tempo an.
Mein SRM zeigte mir im ersten Anstieg schon dauernd über 400W und zwar genau so lange bis ich auf den letzten Kilometern des Anstiegs zwischen den Autos etwas Luft schnappen ging und in der Abfahrt wieder zurück kam.
Auch jetzt riss das hohe Tempo von Quickstep nur für eine kurze Pinkelpause ab während der ich zum gefühlt 15. Mal zum Auto fuhr und für Getränkenachschub sorgte.
Kaum hatte ich die Bidons ausgehändigt wurde schon wieder Nachschub verlangt und ich war somit immer am hin- und herpendeln.
Als wir dann bei Kilometer 114 in Andorra einfuhren und den Col de la Rabassa in Angriff nahmen hatte ich mit einem letzten Kraftakt nochmal die Position für das Team gesichert.
Hier war meine Arbeit nun erledigt und ich folgte bereitwillig dem Ruf ins Grupetto.
So richtig gemütlich war unsere Fahrt ins Ziel allerdings nicht, zumindest was meine Beine so von sich gaben ;)
Einmal im Ziel auf zum Bus, duschen und ab ins Hotel fand ich auch gleich meinen neuen Freund wieder.
Unscheinbar in einem Minibus strahlte mich die kalte Wanne an und ich glitt dankbar in das kalte Nass.
Wie man sieht habe ich sofort alle Hebel auf Erholung gestellt, denn morgen geht es ja weiter :p
Hasta mañana
Euer Nico
20.08.2017
Bild:Gomez Sport
Für die 2. Etappe von Nimes nach Gruissan mussten wir 203 komplett flache Kilometer großteils auch entlang der Küste absolvieren.
Zum einrollen war die erste Etappe aber dennoch nicht, denn es war Seitenwind angesagt und somit der Stress vorprogrammiert.
Gleich zu Beginn war ordentlich Zug drauf aber nichts passierte.
Auch im weiteren Verlauf verlief die Etappe recht unspektakulär und die großen Teams reihten sich mit ihren Zügen nebeneinander auf.
Die Nervosität und der Stress waren somit erstmal weg aber dennoch war diese Etappe etwas untypisch, denn es gab 200km lang nicht eine Attacke; geschweige denn eine Spitzengruppe.
Erst im Finale riss das Feld auf der Schiebekante (Wind von schräg hinten) auseinander.
Zu großen Abständen kam es zwar nicht, dennoch haben einige Favoriten die ein oder andere Sekunde eingebüßt.
Ich musste im Laufe der Etappe viel arbeiten und von vorne fahren, sodass ich 3km vor dem Ziel mein Soll erfüllt hatte und mir keine Sorge über einen Rückstand mehr machen musste.
Nach dem Ziel ging es direkt weiter in Richtung Hotel und für 10 Minuten ins kalte Wasser.
Ich habe so das Gefühl, dass das Eisbad in den nächsten Wochen noch zu einem guten Freund werden wird, da ich bereits heute viel Salz auf meinem Trikot zurückgelassen habe…;)
Morgen wars das dann auch schon für erste mit Flachettappen und uns erwartet die erste Bergetappe mit Ankunft in Andorra la Vella.
Hasta mañana
Euer Nico
19.08.2017
Heute geht Sie endlich los die Vuelta 2017; und zwar mit einem Mannschaftszeitfahren.
Unser Team ist nicht unbedingt für seine starken Zeitfahrqualitäten bekannt (was man leider auch heute wieder gesehen hat), aber dennoch sieht unsere Vorbereitung nicht viel anders aus ls bei den anderen Teams.
Im Vorfeld ist die Diskussion immer groß wer hinter wem fährt und wie lange die Ablösungen sein sollen.
Der Zeitfahrtag selbst ist gediegen und stressig in einem.
Klar hat man viel Zeit, gerade wenn der Start -was zur Zeit irgendwie in Mode ist- erst nach 18 Uhr stattfindet; aber es ist doch mehr zu tun als man glaubt.
Zunächst einmal wurden mein Kanadischer Zimmerkollege Hugo Houle und ich heute morgen um 6:30 Uhr aus unserem Schönheitsschlaf gerissen.
Er durfte direkt mit den Störenfrieden mitgehen für einen morgendlichen Dopingtest, während ich mich wieder umdrehen und weiterschlafen konnte
Ich hatte allerdings schon das Vergnügen Anfang der Woche bei mir zu Hause hohen Besuch von der Nada zu empfangen um meine obligatorische pre-Vuelta-Probe abzugeben.
Nach 2 weiteren Stunden im Halbschlaf ging es dann weiter zum Frühstück und einem verspäteten Training.
Da der Rundkurs mitten in der Innenstadt war und es sich geradezu als unmöglich gestaltete im Verkehr die Strecke zu besichtigen begaben wir uns in der „Mittagspause“ gegen 12:30 auf die nun abgesperrte Strecke.
Nach 2,5 Runden ging es wieder zurück ins Hotel für ein kleines Mittagessen und eine kurze Abschlussbesprechung bevor wir dann um 16:15 Uhr in Richtung Start losmachten.
Beim Warmfahren sind zwar alle Mann nebeneinander versammelt, jeder macht aber ein bisschen sein Ding und so setze ich gerne meine Kopfhörer auf um mich mit von mir handverlesenen Songs zu beschallen und um mich auf die anstehenden Qualen mental vorzubereiten.
Wir haben uns dafür entschieden, dass wir auf dem extrem technischen Stadtkurs von Nimes zu Beginn nur zu 5. durchwechseln, damit unsere Leader nicht nach jeder Kurve im Stil eines Gummibands wieder zum Rest der Gruppe aufschließen müssen und wir uns in den Kurven nicht in die Quere kommen.
So fiel diese ehrenwerte Aufgabe auf mich als zweitletzter loszufahren und ich fuhr mir so schon auf den ersten 4km ordentlich einen in den Schuh, da ich nach jeder Kurve wieder voll anlatschen musste um den Kontakt nicht zu verlieren.
Unser Zeitfahren war alles in Allem ein Beispiel wie man es NICHT machen sollte.
Irgendwie schafften wir es nie richtig einen ordentlichen Rhythmus zu finden und fuhren uns bei den vielen Kurven immer wieder auseinander, sodass wir mehrmals auf unsere Leader warten mussten.
Ich persönlich fuhr meine letzte Führung in der kleinen Gegensteigung nach der Abfahrt um dann alleine ins Ziel zu rollen.
Für unser Team war das also alles andere als ein gelungener Auftakt und ein klares Zeichen, dass für uns hier noch viel Verbesserungsbedarf besteht.
Morgen steht die einzige richtige Flachetappe der diesjährigen Spanienrundfahrt auf dem Program. Diese könnte durch den Wind aber durchaus interessant werden…
Ich schau jetzt erstmal, dass ich was zu Essen bekomme, da ich nach dem Ziel gleich mit dem Rad zum Hotel weitergefahren bin und noch nichts zwischen die Zähne bekommen habe…
Bis Morgen
Euer Nico
photo: Yves Perret
18.08.2017
Hallo liebe Radsportwelt!